Den iPhone-Spiegel werde ich häufig mal kaufen. Obwohl er so langweilig ist. (Posting)

„Schlecht gemacht“ ist natürlich eine freche Ausdrucksweise. Die App ist langweilig (der Inhalt des aktuellen Heftes auch).

Mit der App vom Spiegel kann man „Der Spiegel“ online lesen. Und so einfach, dank Apple: „Kaufen“ klicken, 2,99 Euro an Apple zahlen. Davon dürften beim Spiegel 2,29 ankommen, 30 Prozent behält normalerweise Apple ein. Ist das eigentlich viel für einen Vertriebsweg? Wahrscheinlich schon, denn Spiegel will zum einen nach einer Einführungsphase den Preis erhöhen (auf 3,99) sowie für Heft-Abos eine eigene Payment-Infrastruktur verwenden (Quelle: onetoone.de)

So ist das beste an der App auch das, was der Nutzer zunächst nicht wahrnimmt: Die Infrastruktur dahinter. Ein schmerzfreier, schneller Registrierungsprozess.  Einmal Mailadresse und gewünschtes Passwort angeben, Kaufen anklicken, fertig. Gut, man kann seine Zugangsdaten auch noch auf spiegel.de eingeben. Hat dann Zugriff auf das e-paper. Single-Sign-On heißt das. (Wow.)

Der gemeine iPhone-Nutzer freut sich daran wenig, sondern wertet die App im iPhone-Store fröhlich ab. Nach fünf Sternen zum Start derzeit nur drei. Und zu kritisieren gibt es ja auch eine Menge (dazu gleich mehr). Es scheint, als hätten die Spiegel-ianer sich zunächst auf das Werkeln im Hintergrund konzentriert. Auf die Prozesse, mit denen sie ihr Geschäftsmodell umsetzen können.

Eine App bei irgendeiner Programmierbude bestellen, mit Features ausstatten und in den Appstore stellen – das haben schon viel zu viele gemacht. Stern, N24, n-tv, Focus, Handelsblatt & so weiter, da teilen sich viele einen Markt, in dem 0 Euro umgesetzt werden und der einzige Erfolg das Auftauchen in einer Rangliste ist.

Das verschiebt beim kritischen Publikum natürlich auch ein wenig die Erwartungshaltung: Wenn der Twitter-Button fehlt, ist gleich die ganze App doof. Wenn sie Geld kostet, ist sie Extra-Doof.

Extra-Doof finde ich, dass der Spiegel auf dem iPhone nach der Einführungsphase teurer sein soll als der gedruckte. Unverschämt. Spiegel spart Papier und Vertrieb, dafür soll ich 18 Cent mehr ausgeben? OK, vielleicht. Vielleicht zahle ich ja für den Service, mir weder einen Kiosk suchen zu müssen (alternativ: gammlige Ausgaben anfassen zu müssen, die schon durch zig Hände gegangen sind) noch das Heft mit mir rumschleppen zu müssen.

Dafür will ich aber folgendes, lieber Spiegel-ianer:
– Jeder Redakteur, der ein Minuszeichen im Fließtext als Trennzeichen verwendet, soll mit dem Stöckchen auf das Fingerchen bekommen. In der aktuellen Ausgabe sind mir zu viele falsch getrennte Worte. (Sprich: Ich will, dass das Produkt so ernst genommen wird die der gedruckte Spiegel.)
– Die Bilder sollen mitgeliefert werden, nicht nur die Bildunterschriften wie teilweise jetzt. Aber bitte intelligent: Erst den kompletten Text, schlank und schnell. Dann alle Bilder. 
-Eine Suchfunktion über das Heft hätte ich gerne. Und überhaupt: Über alle Hefte. Dabei könnt ihr mir gerne andere Hefte zum Kauf anbieten, in denen Artikel stehen, die zur Suche passen.
– Den alten Kram aber bitte billiger. Mal im Ernst, ihr handelt mit verderblicher Ware, nicht mit Wein. 
– Twitter-Integration. Ja, wirklich. Ich will aus der App twittern. Nutzt das doch, um einen Link zum e-Paper zu verbreiten.
– Macht mir bloß keine störende Werbung rein. Wehe, da blinkt oder tönt was. Oder unterbricht den Lesefluss in Artikeln.
– Artikel gepusht bekommen, wenn sie fertig sind. Ich will kein komplettes Heft, keine abgeschlossene Einheit. Huch, Kulturschock. Ich weiß.
– und noch einiges mehr. Wirkliches cooles Zeug, das eure Leser nutzen wollen. Aber das behalte ich für mich.

Weiterlesen? Christian Jakubetz nennt die App „Schluder-Spiegel„, beim Font-Blog wird vom „Fehlstart“ gesprochen.